Handball-Blog des TV Boisheim

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Montag, 13. September 2010

Wenn Handball zur Nebensache wird

Unbegreifbare Ereignisse haben das Pokalspiel am vergangenen Samstag völlig unwichtig werden lassen. Über ein paar Stunden, die so nie wieder jemand von uns erleben will.

Samstag, kurz vor 18 Uhr. Die Sonne scheint auf die frisch renovierte Fensterfassade der Ostschulhalle. In einer guten halben Stunde beginnt für die Männer des TV Boisheim die neue Saison. Die Laune einiger Spieler passt nicht ganz zum Wetter - gerade haben sie im Borussia-Park die 0:4-Pleite gegen Frankfurt erlebt. Jetzt wartet die VT Kempen in der ersten Pokalrunde und alle sind gewillt, möglichst nicht ganz so hoch zu verlieren wie Gladbach. Wobei eine Niederlage mit fünf, sechs Toren gegen einen A-Ligisten ganz und gar nicht blamabel wäre.

Am Samstag zuvor hat die Mannschaft bei Torwart Hammes zusammengesessen. Es gab Koteletts, Würstchen und kühles Bier aus der Zapfanlage. Ein rundum gelungener und gewohnt amüsanter Abend im Kreis der Mannschaft. Anlass für das Treffen war der Jahrestag eines der traurigsten Ereignisse in der Vereinsgeschichte. Am 5. September 2009 erlag André beim Pokalspiel gegen Krefeld einem Herzinfarkt. Zum Jahrgedächtnis am vergangenen Sonntag machte sich die Mannschaft daher auch auf zur Messe nach Viersen, um ihres Torwarts und Freundes zu gedenken.

Ein Versprechen an André haben wir 2009/2010 leider nicht einhalten können. „Wir haben gerade beschlossen, diese Saison nur für dich zu spielen,“ schrieb Andreas damals an dieser Stelle. „Und sollten wir am Ende wieder nicht aufsteigen, glaub uns, wir haben garantiert unser Bestes gegeben.“ So kam es schließlich, dass der TVB hinter Waldniel nur Zweiter wurde und die „Mission Aufstieg“ in dieser Spielzeit ihre dritte Auflage erlebt. Pokalspiele sind da ein willkommener Härtetest, um gegen höherklassige Mannschaft Wettkampfhärte zu bekommen, um so gefordert zu werden, dass in engen Ligaspielen nicht wieder der Mut fehlt.

In der Anfangsphase ist vom deutlichen Klassenunterschied in der Ostschulhalle kaum etwas zu sehen. Der TVB beginnt besonnen und lässt sich auch nicht durch zwei schnelle Kontergegentore aus der Ruhe bringen. Neuzugang Stefan auf Halblinks und Chrissi am Kreis sorgen mit sehenswerten Treffern dafür, dass es nach einigen Minuten 4:4 steht.

Dann knickt in einem der folgenden Angriffe plötzlich Stefans Daumen weg. Der Hüne auf Halb, der die Durchschnittsgröße des Rückraums auf 1,95 Meter gesteigert hat, kann nicht weitermachen. Von der Ruhe der ersten Viertelstunde ist nichts mehr zu sehen. Uns gelingt minutenlang kein Tor mehr. Auf der Gegenseite zieht Kempen schier unaufhaltsam davon - einigen Klasseparaden von Hammes ist es zu verdanken, dass es nur mit einem 5:12 in die Pause geht.

Die zweite Halbzeit beginnt mit Z im Rückraum. Hacki hat über ein Ziehen im Brust- und Schulterbereich geklagt und will erst einmal draußen bleiben. Völlig ahnungslos, was sich bald darauf ereignen wird, machen wir uns an die zweiten 30 Minuten. Es läuft ganz und gar nicht rund. Vorne fehlt es an Ideen und Zielsicherheit. Beim Zurücklaufen herrscht Stillstand. Nach einer erneuten Serie des Gegners steht es bald 6:18.

Mitte der zweiten Halbzeit wird es auf einmal unruhig. Hacki liegt in der Mitte des Feldes am Boden, ist einfach zusammengebrochen. Schnell ist klar, dass es ernster ist als das, was sich in einem Handballspiel desöfteren ereignet. Der Notarzt wird gerufen. Ein gegnerischer Spieler und Markus leisten Erste Hilfe. Währenddessen verlassen die Mannschaften die Halle, das Spiel wird abgebrochen. Draußen steht Nils an der Straße, um den Krankenwagen in Empfang zu nehmen.

Es folgen bange Minuten, wie sie die Mannschaft erst vor fast genau einem Jahr erleben musste. September, erste Pokalrunde Heimspiel, ein Mitspieler, der mit einem Herzinfarkt zusammenbricht - es kann und es darf einfach nicht wahr sein. Nach schier endloser Zeit kommt die gute Nachricht: Hacki lebt, sein Zustand ist den Umständen entsprechend stabil.

Stand Montagmittag liegt er immer noch im künstlichen Koma, sei aber - so die Ärzte - mit großer Wahrscheinlichkeit über den Berg. Der Dank der Mannschaft und aller Anhänger des TVB gilt natürlich Markus und dem Spieler aus Kempen, die so beherzt geholfen und damit das Schlimmste verhindert haben.

Der Schock sitzt noch immer tief - gerade wegen dieses Déjà-Vu-Erlebnisses, für das man kaum Worte findet.

Wir wünschen Hacki alles Gute dieser Welt und viel Kraft für den langen Weg der Besserung!

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