Handball-Blog des TV Boisheim

Handball-Blog des TV Boisheim

Montag, 15. März 2010

Satz mit X

Über das (vorläufige) Ende eines Traumes.

Was haben wir in den letzten Wochen nicht alle geträumt: Abpfiff nach dem letzten Spiel gegen Fischeln, wir stürmen aufs Feld, fallen uns um den Hals, bilden übergroße Haufen aus Fleisch und Blut. Unten Foit, oben Z, doch niemand ächzt, weil es im Moment der überschwänglichen Freude keine Schmerzen gibt. Dann La Ola mit den Fans im prallgefüllten Ransberg. Die Tribüne grölt „TVB – olé olé!“. Wir ziehen weiter in die Kabine, das Bier spritzt an die Wände wie aus Feuerwehrschläuchen. Selbst Nichtraucher greifen zur ersten Zigarre, die Duschen werden bis zu den Knien mit Champagner geflutet.

Weiter geht’s im Conny’s , wo der grandiose Doppelaufstieg des gallischen Dorfes aus dem Kreis Krefeld-Grenzland gefeiert wird. Als es um sieben Uhr langsam dämmert, hat die Vereinshymne des TVB inzwischen siebzehn Strophen, aber niemand mehr eine Stimme, um sie zu singen. Am nächsten Mittag geht es mit sechs Cabrios durch Boisheim, die Nettetaler Straße rauf und runter. Die Bahn stellt sogar den Zugverkehr ein, um den Korso nicht alle paar Minuten zu unterbrechen. Die Welt ist schön, das Leben noch schöner – und der TV Boisheim aufgestiegen.

Träume können etwas Tolles sein. Solange man sie nicht nur träumt, sondern auch lebt. Solange sie irgendwann wahr werden. Doch die Realität sieht, das ist seit gestern Nachmittag Gewissheit, ganz anders aus. Zum dritten Mal in Folge verfehlt der TV Boisheim sein Saisonziel. In Waldniel hat er das Spiel Erster gegen Zweiter mit 19:27 verloren. Wenn nicht noch irgendein Landesliga-Abstiegs-Relegations-Wunder eintritt, wird er auch im nächsten Jahr die Kreisliga D bereichern. D steht für „Das ist Kacke!“.

Es war ein hitziges Spiel in Waldniel. Wobei klar ist, dass unter diesen Umständen – dem Gegner reicht ein Unentschieden, man selbst muss um alles in der Welt gewinnen – naturgemäß keine innigen Freundschaften entstehen. Neun Zeitstrafen auf Seiten der Gastgeber und fünf plus eine rote Karte auf Seiten der Gäste sprechen eine deutliche Sprache. So manch einer durfte sich an 3. Mai 2008 erinnert fühlen, als der TVB ebenfalls in fremder Halle den letzten Strohhalm greifen wollte. Aufgrund der hypernervösen und schwachen Leistung verlor er jedoch deutlich gegen Königshof und musste den Gang in die Kreisliga D antreten. Damals wie gestern sah Manuel Rot. Damals für einen „Scheiberwischer“, gestern für eine Ringeinlage Griechisch-Römisch, die er als Sieger für sich entschied. „Grobe Unsportlichkeit“ nennt sich das im Spielbericht. Letztendlich war es eine von vielen Aktionen dieser Art auf beiden Seiten, die am Ende die Ehre hatte, eine besonders farbliche Würdigung zu erhalten.

Der TV Boisheim kam schlecht in die Partie. Gleich der erste Angriff endete mit einem Ballverlust, dem das schnelle 1:0 der Waldnieler folgte. Die hatten bereits beim Warmmachen einen ersten Teilerfolg errungen, als sich ihre „Musik“ gegen unsere durchsetzte. Wobei man sagen muss: „Hyper, hyper“ passte über weite Strecken wie die Faust aufs Auge zur Leistung des TVB. Denn der präsentierte sich gerade im Angriff hyper-hyper-nervös. Da wurde nach einer Ecke der Ball nicht gefangen, ein Dreher aus unmöglicher Lage versucht, Handball mit Fußball verwechselt – doch nach 30 Minuten war beim Stand von 12:8 für den Tabellenführer noch immer alles drin.

„Die zweite Hälfte gewinnen wir einfach mit fünf Toren“, lautete folglich die Devise nach der Pause. Im Hinspiel hatte der TV Boisheim immerhin den zweiten Durchgang für sich entschieden und zum Ende der Partie eine Serie von 9:6 hingelegt. Dann ging es wieder los. Die zweiten 30 Minuten. Anstelle einer Aufholjagd folgte nun jedoch der Sturz an den Rand der Hoffnungslosigkeit. Waldniel traf viermal in Folge, Markus kassierte nach drei Minuten eine Zeitstrafe – erst nach acht Minuten erzielte der TVB seinen ersten Treffer nach der Halbzeit. Beim Stand von 17:12 hatten die Gäste einen weiteren Treffer auf der Hand. Statt eines Vier-Tore-Rückstandes gab es im Gegenzug aber so etwas wie die Vorentscheidung.

Es folgten der Frust auf der einen Seite und die Umwandlung von Vorfreude in etwas, das Frust ähnlich sah, auf der anderen Seite. Der Vorsprung der Gastgeber schwappte kontinuierlich zwischen sechs und acht Toren hin und her wie die Wellen am Timmendorfer Strand. Es reichte nicht für den TV Boisheim. Neues Jahr, dieselben Bilder: hängende Köpfe, die traurig aus grünen Trikots heraushängen. Die Schuld ist jedoch allein bei jedem Einzelnen selbst zu suchen. Nicht beim Gegner, der zwar ein herrliches Provakations-Festival veranstaltete. Nicht beim Schiedsrichter, der so gut es ging den Überblick behielt und das Spiel beileibe nicht beeinflusste. Jeder hat in diesem Endspiel schlichtweg seine individuellen Schwächen in einen Topf namens Mannschaft geworfen, anstatt seine Stärken selbstbewusst zu zeigen. Und so spielte die Mannschaft in Grün wie auf links gedreht und hatte in dieser Verfassung nicht wirklich eine Chance, sich ihren Traum zu erfüllen.

Die Hoffnung könnte, wie bereits erwähnt, nur noch durch eine verzwickte Konstellation neu entfacht werden, die im Kreis selbst niemand so richtig kennt und die in einer Liga eintreten muss, von der der TV Boisheim so weit entfernt ist wie von Burkina Faso – in der Landesliga. Man kann also sagen, der letzte Strohhalm sei ein Afrikaner. Fest steht, dass wir in den nächsten Wochen alle entweder Straelen- und Grefrath-Fans sein müssen – oder eben genau das Gegenteil. Wie gesagt, verzwickte Sache.

Gratuliert haben wir den Aufsteigern aus Waldniel ja bereits gestern nach dem Spiel. Deshalb heute nur noch eine Erkenntnis, die uns nicht viel weiter bringt, weil sie nunmal im Konjunktiv steht: Wären wir aufgestiegen, hätten wir besser gefeiert! Siehe oben.

Für den TVB trafen: Nils H. (4x), Markus, Manuel und Z (3x), Jannik und Nils v. K. (2x), Foit und Roman (1x)
Zeitstrafen: Peter, Hacki, Markus und zweimal Max; Rot für Manuel

5 Kommentare:

  1. Was mir als Außenstehender der Partie besonders auffiel, waren die zahlreich mitgereisten Schlachtenbummler aus Boisheim. WAHNSINN und DANKE dafür!
    Und was mir noch auffiel, war, dass ich zum ersten Mal im Leben Eintritt für ein Kreisliga D-Spiel zahlen musste. Wo gibt's denn sowas? Das war mehr als lächerlich. Ich hoffe nur, dass der Eintritt ordnungsgemäß versteuert wird und nicht in irgendeiner Mannschaftskasse vorbei am Finanzamt untergeht. Wir sind Deutschland!

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  2. Wer hat da Eintritt kassiert und wieviel ?
    Das dürfen die nämlich nicht ! Das Spiel müsste annulliert werden.
    Und nun noch was Ernsthaftes zum Thema Aufstieg !
    Noch ist nicht aller Tage Abend.
    Die Chancen auf eine Relegationsspiel gegen den 2. der anderen Gruppe stehen garnicht so schlecht. Wenn nur ein Verein aus dem Kreis die Landesliga verlassen muss, dürfte es nach meinen Berechnungen (hab ja vor fast 40 Jahren mal Mathe studiert) ein solches Relegationsspiel geben. Man muss nur von der Bezirksklasse bis zur Kreisliga C die Sache mit je 14 Teams einmal durchspielen und dann wäre in der Kreisliga C der 14.Platz noch zu besetzen.

    Gruß

    Adam Riese

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  3. Seit dem Grefrather Sieg gestern sieht es ja sogar danach aus, dass vielleicht gar kein Team aus dem Kreis aus der Landesliga absteigt. Aber dann hab' ich das System (mit Mathe LK;)) wenigstens dahingehend richtig verstanden, dass es besser ist, wenn Kreis-Vereine drinbleiben in der Landesliga als wenn sie absteigen, oder?

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  4. Hätte, wäre, wenn! Ich hab das auch alles nochmal durchgerechnet... die Chancen stehen 50:50 vielleicht sind es auch nur 50%! (Ro)Man(n) weiß es nicht...

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  5. Genau, Roman. Ich blick auch nicht mehr durch. Aber 50 % sind besser als die Hälfte, oder?

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